Karl Marx: Philosoph der »totalen Herrschaft«? Eine kritische Überprüfung von Hannah Arendts Interpretation der Marxschen Theorie
Vortrag und Diskussion mit Martin Schmitt Hannah Arendt gilt heute als eine der wichtigsten politischen Theoretiker_innen des 20. Jahrhunderts. Diese Bedeutung verdankt sie nicht zuletzt ihrer profunden Analyse der totalen Herrschaft, die sie nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs ausarbeitete und zu Beginn der 1950er Jahre in ihrem Werk »Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft« publizierte. Diese Studie, die sich erstrangig mit der historischen Genese des totalitären Antisemitismus befasste, wurde in der deutschen Erstauflage von 1955 um einen systematischen Vergleich der nationalsozialistischen Konzentrationslager mit dem Gulag-System der Sowjetunion erweitert. Doch so zutreffend Arendts Feststellung ist, dass Nationalsozialismus und Bolschewismus versuchten, durch staatlichen Terror menschliche Freiheit und Spontaneität zu eliminieren, so problematisch ist ihre in verschiedenen Schriften aus den 1960er Jahren vertretene Interpretation, dass die Marxsche Theorie die Entstehung und Herausbildung totaler Herrschaft begünstigt, wenn nicht sogar erst ermöglicht habe. Diese Deutung, so die These des Vortrags, resultiert aus einer Perspektive, welche die Simplifizierungen und Dogmatisierungen der Marxschen Theorie im »Marxismus« unkritisch reproduziert und damit zwar die geschichtsphilosophischen und revolutionstheoretischen Spekulationen in den Frühschriften von Marx, bei Engels und den Marxist_innen, aber nicht die »Kritik der politischen Ökonomie« trifft.
Martin Schmitt (Historiker und Pädagoge) ist Mitherausgeber der Neuedition von Alexander Steins Analyse des nationalsozialistischen Antisemitismus in »Adolf Hitler, Schüler der ‚Weisen von Zion‘« (ça ira 2011).
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