Hannah Arendt und die Räterevolution
Vortrag und Diskussion mit Jonathan Weckerle
Nach Hannah Arendt ist in Deutschland unter anderem ein "Institut für Totalitarismusforschung" und eine Straße am offiziösen "Holocaust-Denkmal" benannt, in der ZEIT wurde sie in die Liste der "50 deutschen Vorbilder" aufgenommen. Als vorbildliche Gewährsfrau der herrschenden bundesrepu-blikanischen Ordnung taugt Arendt allerdings nur, wenn zentrale Aspekte ihres Werkes ignoriert werden, darunter ihre Kritik der Parteiendemokratie. Mit dieser habe "sich die uralte Unterscheidung von Herrschern und Beherrschten, welche durch die Revolution ja gerade auf immer abgeschafft werden sollte, in neuer Form wieder durchgesetzt." Arendt tritt dagegen ein für "ein System, das sich selbst von den Graswurzeln aufbaut" und bezieht sich dabei auf die Räte, welche in revolutionären Situationen immer wieder spontan gebildet wurden. Die Räte sind dabei aufs engste mit ihren Hauptwerken "Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft" und "Vita activa" verbunden und stellen deren praktische Konsequenz dar. Eine kritische Betrachtung ihrer Skizzen eines Rätesystems zeigt jedoch, wie wenig besonders die der antiken Sklavenhaltergesellschaft der Polis abgewonnenen Begriffe der Vita activa für die Kritik und Überwindung des zur zweiten Natur gewordenen Kapitalverhältnisses taugen. In Zeiten, die selbst von bürgerlichen Politikwissenschaftler_innen als "post-demokratisch" bezeichnet werden, und in denen Pamphlete über einen "kommenden Aufstand" in der FAZ gefeiert werden, allerorts für "wahre Demokratie" campiert und demonstriert wird, mag eine kritische Betrachtung der Revolutionärin Arendt mehr als eine akademische Fleißarbeit sein.
Jonathan Weckerle ist in Berlin als politischer Aktivist und Autor für u.a. konkret, Jungle World und die Blätter des iz3w tätig. Eine Veranstaltung in Kooperation mit:
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Kontakt: critique@gmx.net |